Mistel (Viscum album) –
Immunstärkende Pflanzenkraft in der
unterstützenden Krebstherapie

Herzlich willkommen zu unserem ausführlichen Blogbeitrag über die Mistel (Viscum album). Die immergrüne Pflanze, die häufig als weihnachtlicher Schmuck Verwendung findet, hat sich in der Volksmedizin und modernen Komplementärmedizin längst einen festen Platz erobert. Ob bei Herz-Kreislauf-Beschwerden, in der Phytotherapie oder speziell als Misteltherapie in der Onkologie – die Mistel ist eine vielseitige Heilpflanze, die seit Jahrhunderten genutzt und intensiv erforscht wird. Im Folgenden erfahren Sie, welche Inhaltsstoffe die Mistel so wirkungsvoll machen, wie sie in der Naturheilkunde eingesetzt wird und welche Rolle sie als Teil einer integrativen Krebstherapie spielen kann.

Inhaltsstoffe der Mistel

Die Mistel enthält eine Vielzahl an sekundären Pflanzenstoffen – laut Untersuchungen mehr als 1.700 verschiedene Inhaltsstoffe [4]. Besonders im Fokus stehen die Mistellektine (ML I–III) und die Viscotoxine. Daneben sind auch Flavonoide, Polysaccharide, Triterpene sowie weitere bioaktive Substanzen bedeutsam [5] [6].

  • Mistellektine:
    Diese zuckerbindenden Glykoproteine gelten als Hauptträger der zytotoxischen Wirkung und können Apoptose (programmierten Zelltod) in Zellen auslösen. Sie hemmen zudem die Proteinsynthese in Tumorzellen [12].
  • Viscotoxine:
    Es handelt sich um kleine, cysteinreiche Proteine, die unter anderem immunstimulierend wirken und T-Lymphozyten aktivieren können. In hoher Dosis reizen sie Gewebe; in wohldosierter Form tragen sie zur Immunmodulation bei [5].
  • Polysaccharide und Oligosaccharide:
    Diese Mehrfachzucker stärken das Immunsystem, wirken präbiotisch auf die Darmflora und können den Blutzuckerspiegel stabilisieren [5].
  • Flavonoide:
    Pflanzenfarbstoffe wie Quercetin oder Rutin sind antioxidativ, antibakteriell und entzündungshemmend. Sie können freie Radikale abfangen und entzündliche Signalwege günstig beeinflussen [6].
  • Triterpene:
    Substanzen wie Oleanolsäure oder Betulinsäure besitzen entzündungshemmende und antibakterielle Eigenschaften. Oleanolsäure kann außerdem blutdrucksenkende Effekte entfalten [8].

Auffällig ist, dass viele dieser Stoffe synergistisch wirken, weshalb Gesamtextrakte aus Mistelblättern und -stängeln oft effektiver sind als isolierte Einzelstoffe [7]. Die Erntezeit und der Wirtsbaum können den Gehalt bestimmter Inhaltsstoffe maßgeblich beeinflussen.

Traditionelle Anwendungen in Volksmedizin und Phytotherapie

Schon in der Antike und im Mittelalter wurde die Mistel bei unterschiedlichsten Leiden eingesetzt. Paracelsus empfahl sie beispielsweise bei Epilepsie, Hildegard von Bingen bei Leber- und Milzbeschwerden [20]. Im europäischen Volksglauben galt sie als herzstärkendes und blutdrucksenkendes Mittel [1], man nutzte sie zudem gegen Nervosität, Rheuma und Kreislaufstörungen [2] [3].

In der modernen Phytotherapie wird besonders der Misteltee zur Begleitbehandlung bei leichtem Bluthochdruck empfohlen. Typischerweise erfolgt die Zubereitung als Kaltauszug, da wichtige Lektine durch heißes Wasser zerstört werden können [9]. Darüber hinaus finden sich Mistelprodukte wie Tropfen, Dragees oder Salben in Apotheken. Äußerliche Anwendungen (z.B. Salben oder Injektionen) nutzt man in der sogenannten Reiztherapie zur lokalen Durchblutungsförderung, etwa bei Gelenkbeschwerden [9].

Obwohl klinische Daten zu manchen traditionellen Indikationen (z.B. Bluthochdruck) begrenzt sind, wird die Mistel in der Naturheilkunde weiterhin für Herz-Kreislauf-Beschwerden, Kreislaufregulierung und als sanftes Kräftigungsmittel eingesetzt [1].

Immunmodulierende Wirkungen

Eine besondere Stärke der Mistel liegt in ihrer immunmodulierenden Wirkung. Studien zeigen, dass Mistelextrakte die Produktion und Aktivität verschiedener Immunzellen (u.a. Lymphozyten, natürlichen Killerzellen, dendritische Zellen) erhöhen und die Freisetzung immunaktiver Botenstoffe (Zytokine) wie IL-1, IL-6 oder TNF-a anregen können [10] [11]. Diese Effekte fördern die Immunabwehr gegen Infektionen und Tumorzellen.

In der Onkologie zeigt sich das häufig in Form von lokalem Fieber und Rötungen nach Mistel-Injektionen. Aus naturheilkundlicher Sicht ist dies ein gewünschter Reiz, der den Körper zur Abwehrmobilisierung anhält [17]. Die gesteigerte Immunantwort wird sowohl bei der Krebstherapie als auch bei degenerativen Erkrankungen genutzt.

Zytotoxische und antitumorale Effekte

Neben der Immunmodulation besitzt die Mistel ausgeprägte zytotoxische Eigenschaften. Die Mistellektine hemmen das Wachstum von Tumorzellen, indem sie Signalwege wie MAPK oder PI3K/Akt blockieren und die Apoptose auslösen [11]. Gleichzeitig können Viscotoxine die Zellmembran von Tumorzellen schädigen.

Experimentelle Daten belegen, dass Mistelextrakte die Angiogenese (Neubildung von Blutgefäßen) in Tumorgewebe hemmen und somit das Wachstum von Krebszellen beeinträchtigen können [11]. In der klinischen Anwendung wird dies häufig durch eine gesteigerte Abwehrleistung des Organismus verstärkt.

Entzündungshemmende Eigenschaften

Obwohl Mistelpräparate am Injektionsort eine lokale Entzündung hervorrufen können, entfalten sie im Gesamtorganismus antiinflammatorische Effekte. Flavonoide und Triterpene reduzieren die Produktion freier Radikale und können Enzyme wie die Cyclooxygenase-2 (COX-2) hemmen, wodurch weniger proinflammatorische Botenstoffe entstehen [19].

Auf diese Weise kann die Mistel chronische Entzündungsreaktionen dämpfen – ein Aspekt, der bei Arthritis, Arteriosklerose und anderen entzündlich bedingten Erkrankungen interessant ist [9]. In der Phytotherapie nutzt man die entzündungshemmende Wirkung zudem äußerlich, etwa bei Mittelohrentzündungen oder schmerzenden Gelenken, in Form von Salben oder Umschlägen [1].

Misteltherapie in der Krebstherapie (anthroposophische und integrative Medizin)

Der wohl bekannteste Einsatzbereich der Mistel ist heute die komplementäre Krebsbehandlung. Bereits 1920 wurde die Idee einer Misteltherapie in der anthroposophischen Medizin begründet [2]. Seither haben sich verschiedene standardisierte Präparate (z.B. Iscador, Helixor, AbnobaViscum) etabliert, die insbesondere in Deutschland, der Schweiz und Österreich häufig verschrieben werden [15] [16].

Mistelextrakte werden dabei meist subkutan injiziert, um eine lokale Rötung und leichte Fieberreaktion hervorzurufen. Viele Patienten berichten von einer besseren Verträglichkeit der konventionellen Tumortherapie, weniger Fatigue, gesteigerter Lebensqualität und einer Stabilisierung des Blutbildes [13] [14]. Wissenschaftliche Reviews attestieren der Misteltherapie teils positive Effekte auf das Allgemeinbefinden, allerdings ist ein eindeutiger Nachweis für verlängertes Überleben oder vollständige Tumorkontrolle bislang nicht eindeutig erbracht [15] [16].

Dennoch setzen viele Onkologen und naturheilkundlich orientierte Ärzte auf die Mistel als ergänzende Maßnahme (Add-on), gerade bei soliden Tumorerkrankungen. Da die Misteltherapie im Allgemeinen sehr gut verträglich ist, wird sie in Mitteleuropa häufig genutzt, um Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Erschöpfung und Immunschwäche abzufedern [14]. Gleichwohl ersetzt sie keine konventionelle Krebstherapie, sondern dient der Integrativen Medizin, welche schulmedizinische Verfahren mit Naturheilkunde kombiniert.

Fazit

Die Mistel (Viscum album) überbrückt die Kluft zwischen traditioneller Pflanzenheilkunde und moderner Krebstherapie. Jahrhundertealte Erfahrung bestätigt ihren Nutzen bei Herz-Kreislauf-Problemen und Nervenleiden; heutige Forschung hebt insbesondere die immunmodulierenden, zytotoxischen und entzündungshemmenden Qualitäten hervor [1] [10] [11]. Als komplementäre Krebstherapie zeigt die Mistel vielversprechende Ergebnisse in puncto Lebensqualität, Nebenwirkungsreduktion und Immunstärkung.

Allerdings ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt, inwieweit die Mistel das Tumorwachstum direkt hemmen oder das Überleben verlängern kann [15]. Für viele Betroffene erweist sich die Misteltherapie dennoch als wertvolle supportive Begleitung. Wer sich für Mistelpräparate interessiert, sollte ärztlichen Rat einholen und auf eine seriöse Produktquelle achten, denn in der richtigen Dosierung zeigt sich die Mistel als Heilpflanze mit bemerkenswertem Potenzial.


Quellen

  1. [1] ndr.de
    NDR.de – “Mistel: Welche Wirkung hat die Heilpflanze?” (Gesundheitsratgeber, 11.12.2023)
  2. [2] drugs.com
    Drugs.com – “Mistletoe – Traditional/Ethnobotanical uses”
  3. [3] thenaturopathicherbalist.com
    The Naturopathic Herbalist – Monographie Viscum album
  4. [4] ebi-pharm.ch
    mistel-therapie.de – Pflanzenporträt Mistel: Hinweise auf ~1700 Inhaltsstoffe
  5. [5] ebi-pharm.ch
    Wirkungsbeschreibung der Mistellektine und Viscotoxine
  6. [6] ebi-pharm.ch
    Flavonoide (antiviral, antibakteriell, antioxidativ) und Triterpene (antibakteriell, entzündungshemmend)
  7. [7] mistel-therapie.de
    Synergieeffekte im Gesamtextrakt
  8. [8] carstens-stiftung.de
    Carstens-Stiftung – “Mistel senkt Blutdruck”
  9. [9] apotheken.de
    Heilpflanzen-Lexikon: Mistel – Anwendungen in Komplementärmedizin
  10. [10] pmc.ncbi.nlm.nih.gov
    Biological activity of mistletoe (2020, PMC) – immunmodulatorische Wirkung
  11. [11] pmc.ncbi.nlm.nih.gov
    Antitumorale Mechanismen der Mistel: Hemmung von Signalwegen, Induktion der Apoptose
  12. [12] mistel-therapie.de
    Details zu Mistellektinen und Ribosomeninhibition
  13. [13] helixor.de
    “Studien zur Wirksamkeit der Misteltherapie”: Reduktion von Chemo-Nebenwirkungen
  14. [14] ndr.de
    Verbesserung der Lebensqualität unter Misteltherapie, v.a. bei Brustkrebspatientinnen
  15. [15] krebsinformationsdienst.de
    CAM-Cancer 2015 – Hinweise auf QoL-Verbesserung, Überlebensdaten uneinheitlich
  16. [16] krebsinformationsdienst.de
    “Misteltherapie gegen Krebs – umstritten”, keine Leitlinienempfehlung
  17. [17] helixor.de
    Nebenwirkungen: Lokalreaktion, leichtes Fieber, selten anaphylaktisch
  18. [18] apotheken.de
    Warnhinweise: Giftige Beeren, Überdosierung vermeiden
  19. [19] mdpi.com
    Nicoletti et al. 2023 – COX-2-hemmende Effekte der Mistel, entzündungshemmende Wirkung
  20. [20] mdpi.com
    Historischer Kontext: Hippokrates, Paracelsus, Hildegard von Bingen

Rechtlicher Hinweis:
Diese Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Wissensvermittlung und ersetzen keine ärztliche Diagnose, Beratung oder Behandlung. Bei konkreten gesundheitlichen Beschwerden ist umgehend ärztlicher Rat einzuholen. Aussagen zu möglichen Heil- oder Vorbeugungswirkungen basieren – soweit sie sich auf traditionelle Anwendungen stützen – häufig nicht abschließend auf Bestätigungen durch Institutionen wie die European Food Safety Authority (EFSA). Zudem stellen die Inhalte keine Empfehlung zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung dar. Eine Haftung für Schäden, die sich aus einer unsachgemäßen Anwendung ergeben, wird nicht übernommen.

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